Phönix-ETS

Vom Dampf zur Energieneutralität

Einsatz von Ammoniak in der Dampfkesselwasserbehandlung: Flüchtiger Schutz für Kondensatsysteme

Ammoniak (NH₃) spielt eine Schlüsselrolle als flüchtiger Alkalisierer in Dampfkesselanlagen. Sein Hauptziel ist der Korrosionsschutz im Kondensatkreislauf, der durch Kohlendioxid (CO₂) gefährdet ist. Im Gegensatz zu nichtflüchtigen Chemikalien verteilt sich NH₃ mit dem Dampf im gesamten System und bekämpft säurebedingte Schäden, ohne den Kessel mit Feststoffen zu belasten.

1. Chemisches Wirkprinzip: Neutralisation von Kohlensäure

Im Kessel zersetzt sich Hydrogencarbonat (HCO₃⁻) aus dem Speisewasser zu Kohlendioxid (CO₂):
2 HCO3−→CO32−+CO2↑+H2O
Das CO₂ kondensiert mit dem Dampf zu korrosiver Kohlensäure (H₂CO₃):
CO2+H2O→H2CO3
Ammoniak neutralisiert diese Säure:
NH3+H2CO3→NH4++HCO3−

  • Effekt: Der pH-Wert des Kondensats steigt von korrosivem Bereich (pH 5–6) auf 8.5–9.2 an.
  • Systemweite Wirkung: Als flüchtige Base erreicht NH₃ alle Kondensatleitungen, auch entfernte Wärmetauscher.

2. Praktische Umsetzung: Dosierung und Überwachung

  • Dosierung:
    Ammoniak wird als wässrige Lösung (meist 25%) in den Speisewasserbehälter injiziert. Typische Konzentration: 3–10 mg/l NH₃ im Speisewasser (abhängig vom CO₂-Gehalt).
  • Kritische Überwachungsparameter:
    • pH-Wert im Kondensat (Ziel: 8.8–9.2 für Stahl; bei Kupfer ≤8.5).
    • Rest-Ammoniak im Speisewasser (verhindert Unterdosierung).
  • Kombination mit Sauerstofffängern:
    Ammoniak wirkt nur gegen CO₂-Korrosion. Daher wird es stets mit Sauerstoffbindern wie DEHA oder Carbohydrazid kombiniert, um auch O₂-bedingte Korrosion zu unterbinden.

3. Vorteile: Effizienz und Systemverträglichkeit

  • Gleichmäßige Verteilung: Dank Flüchtigkeit schützt NH₃ auch komplexe Kondensatnetze.
  • Keine Salzrückstände: Bildet nur lösliches Ammoniumbicarbonat (NH₄HCO₃) → Keine Ablagerungen im Kessel.
  • Kostengünstig: Deutlich preiswerter als organische Amine wie Morpholin.
  • Hochdrucktauglich: Hinterlässt keine Feststoffe – ideal für Kessel >100 bar.

4. Kritische Grenzen und Risiken

  • Kupferkorrosion:
    NH₃ bildet mit Kupfer den löslichen Komplex Tetraamminkupfer(II) [Cu(NH₃)₄]²⁺ → Zerstört Schutzschichten und verursacht Spannungsrisskorrosion in Messing oder Kupfer-Nickel-Legierungen.
    Lösung: Bei Kupferbauteilen pH ≤8.5 halten oder auf Morpholin/Cyclohexylamin ausweichen.
  • Sicherheitsrisiken:
    • Stechender Geruch: Schon geringe Konzentrationen (ab 20 ppm) reizen Augen/Atemwege.
    • Ätzwirkung: Konzentrierte Lösungen verursachen Hautverätzungen (CLP: “Verursacht schwere Verätzungen”).
  • Umweltbelastung:
    • Erhöht Stickstoffgehalt im Abwasser → Risiko für Eutrophierung.
    • Nitrifikation: Bakterien oxidieren NH₄⁺ zu Nitrat (O₂-Verbrauch in Gewässern).
  • Kein universeller Schutz:
    Unwirksam gegen Sauerstoffkorrosion oder Kesselstein → Immer kombinieren mit O₂-Fängern und ggf. Phosphaten.

Zusammenfassung: Ammoniak als etablierte Lösung mit klaren Einsatzgrenzen

Ammoniak bleibt ein effizienter und kostengünstiger Alkalisierer für Kondensatsysteme aus Stahl. Seine Stärke liegt in der flüchtigen Eigenschaft, die einen systemweiten Schutz gegen CO₂-Korrosion ohne Kesselbelastung ermöglicht. Für Hochdruckanlagen ohne Kupferkomponenten ist es erste Wahl.

Doch seine aggressive Wirkung auf Kupferlegierungen und die handhabungstechnischen Risiken erfordern strenge Vorsichtsmaßnahmen. In Systemen mit gemischten Werkstoffen (Kupfer/Stahl) oder bei strengen Umweltauflagen sind organische Amine wie Morpholin oft die bessere Alternative. Erfolgreich ist NH₃ nur im kombinierten Einsatz mit Sauerstofffängern und kontinuierlicher pH-Überwachung.

Praxis-Hinweis: Ammoniak ist kein “Allheilmittel”, sondern ein Baustein im Gesamtkonzept der Wasserbehandlung. Vor Einsatz immer Materialkompatibilität prüfen und Personal im Umgang schulen!

 

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